Geschichtsschreibung als Kunst
Theodor Mommsen:
Römische Geschichte. 3 Bände
Unveränderter Nachdruck der Ausgabe 1854-1855.
Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2006.
2315 Seiten, 20,00 EUR.
ISBN 3-86150-760-9
Erschienen in den Jahren 1854 bis 1856, gilt die »Römische Geschichte« Theodor Mommsens nicht nur als einer der Klassiker der Geschichtsschreibung, sondern sie ist auch heute noch eines der Standardwerke zur Geschichte des römischen Reiches. Der Jurist und Historiker Mommsen, Sproß einer Pfarrersfamilie, erhielt »mit besonderer Berücksichtigung seines monumentalen Werkes« als erster Deutscher 1902 den Nobelpreis für Literatur. Doch die »Römische Geschichte« ist nicht ausschließlich ein Monument, sie ist in weiten Teilen ein brillant geschriebener Kommentar seiner Zeit: Die Geschichte Roms als Vorbild und Warnung der politischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts. Mit einer der Gründe, weshalb das Werk nicht verstaubt und überholt anmutet, sondern mit einer manchmal erstaunlichen Aktualität aufwartet. Politisch war Mommsen bekennender Liberaler und radikaler Demokrat, ob als Journalist während der Revolution 1848, oder als Professor in Leipzig, wo er 1851 aus politischen Gründen seiner Hochschultätigkeit enthoben wurde.
Aber auch sprachlich vertrat Mommsen andere Ansichten als viele seiner Historikerkollegen. Er, der während seiner Studienzeit zusammen mit Fontane ein Büchlein veröffentlichte, schrieb modern, in der Art des Feuilletons, mit einem deutlich spürbaren Enthusiasmus. Die akademische Zunft seiner Zeit war schockiert, die »Geschichte« wurde als unseriös abgestraft, man monierte den »schlechten Zeitungsstil« des Autors. Doch gerade die wohltuende Absenz drögen professoralen Tonfalles macht die »Römische Geschichte« selbst in heutiger Zeit zu einer ungemein angenehmen Lektüre.
Der erste Band mit den Büchern 1-3 umfasst die Geschehnisse bis zur Schlacht von Pydna (168 v. Chr.), der zweite Band (Bücher 4 und 5) verfolgt die Entwicklung des römischen Reiches bis zur Schlacht von Thapsus (46 v. Chr.). Der dritte Band (das achte Buch) - der ursprünglich fünfte Teil - betrachtet schließlich »Länder und Leute von Caesar bis Diocletian«. Der vierte Teil (Buch 6 und 7) wurde von Mommsen nie veröffentlicht, warum genau ist bis heute nicht abschließend geklärt.
Die Ausgabe bei Zweitausendeins ist ein ungekürzter, unveränderter Nachdruck der Erstausgabe von 1854 mit den enthaltenen Änderungen der zweiten bis sechsten Auflage und dem fast 30 Jahre später veröffentlichten Band 5 (1885). Anders als die - im übrigen wesentlich teurere - Ausgabe des Deutschen Taschenbuchverlages ist die vorliegende in der originalen Typographie gehalten. Ein Hauch von Bibliophilie, das aber zu einem unschlagbaren Preis, der die Anschaffung geradezu zu einer Pflicht erhebt.
André Schwarz
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